Symbolik und Ideographie
Helena Petrovna Blavatsky, Die Geheimlehre,
Band 1: Kosmogenesis, Den Haag oJ., S.321-25 und S. 329
„Wie die arabischen Ziffern, die den Menschen einer jeden Nation verständlich, oder wie das englische Wort ‚and‘ das ‚et‘ der Franzosen, das ‚und‘ für den Deutschen wird, aber für alle zivilisierten Nationen durch das einfache ‚&‘ ausgedrückt werden kann - ebenso bedeuten alle Worte der Mysteriensprache ein und dasselbe Ding für jeden Menschen, einerlei von welcher Nationalität.“
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Das Studium der verborgenen Bedeutung einer jeden religiösen und weltlichen Legende, von jeder Nation, groß oder klein, und vorwiegend bei allen Überlieferungen des Ostens, hat den größten Teil des Lebens der Schreiberin dieses Buches ausgefüllt. Sie ist eine von denen, die überzeugt sind, dass keine mythologische Geschichte, kein überliefertes Ereignis der Volkssage jemals zu irgendeiner Zeit reine Erfindung gewesen sei, sondern dass jede dieser Erzählungen eine tatsächliche geschichtliche Unterlage besitzt. Hierin ist die Schreiberin nicht in Übereinstimmung mit jenen Symbologen, so groß auch deren Ansehen sein mag, die in jedem Mythos nichts weiter als einen neuen Beweis für die abergläubische Gedankenrichtung der Alten finden, und die glauben, dass alle Sagenkreise aus Sonnenmythen entsprungen und darauf aufgebaut sind. (…)
Ohne die Hilfe der Symbologie - mit ihren sieben Unterabteilungen, (…) kann keine alte Schrift jemals richtig verstanden werden. Die Symbologie muss nach jedem einzelnen ihrer Gesichtspunkte hin studiert werden, denn jede Nation hatte ihre besondere Ausdrucksweisen. Kurz gesagt, kein ägyptischer Papyrus, kein indisches Palmenblatt, kein assyrischer Ziegel, keine hebräische Rolle sollte buchstäblich gelesen und erklärt werden. (…)
Die Beweise, die zur Bestätigung der alten Lehren hervorgebracht werden, sind in den alten Schriften der alten Zivilisationen weit auseinander zerstreut, die Puranen, die Zend Avensta und die alten Klassiker sind voll von solchen Tatsachen; aber niemand hat sich jemals die Mühe gegeben, sie zu sammeln und zu vergleichen. Der Grund dafür ist der, dass alle derartigen Ereignisse symbolisch aufgezeichnet wurden, und dass die besten Gelehrten, die schärfsten Denker unter unseren Ayanisten und Ägyptologen nur allzu oft von einer oder der anderen vorgefassten Meinung und noch öfter von einseitigen Ansichten über die geheime Bedeutung verwirrt worden sind. Aber selbst eine Parabel ist ein gesprochenes Symbol: eine Erdichtung oder Fabel, wie einige denken: eine allegorische Darstellung von Lebenswirklichkeiten, Ereignissen und Tatsachen, wie wir sagen. Und ebenso gut, wie jederzeit eine Moral aus einer Parabel entnommen wurde, welche Moral eine wirkliche Wahrheit und Tatsache im menschlichen Leben ist, so wurde von denen, die mit den hieratischen Wissenschaften vertraut waren, ein geschichtliches wirkliches Ereignis aus den Emblem und Symbolen abgeleitet, die in den alten Tempelarchiven aufgezeichnet sind. Die religiöse und esoterische Geschichte einer jeden Nation wurde in Symbole vergraben; niemals wurde sie in den entsprechenden Worten buchstäblich ausgedrückt. (…) Weil das gesprochene Wort eine Kraft hat, die den modernen „Weisen“ nicht nur unbekannt ist, sondern von ihnen nicht einmal vermutet und naturgemäß geglaubt wird. Weil Ton und Rhythmus in enger Beziehung zu den vier Elementen der Alten stehen; und weil diese oder eine andere Schwingung in der Luft sicherlich die entsprechenden Mächte erwecken wird und eine enge Vereinigung mit ihnen, je nach der Art des Falles, gute und böse Wirkungen hervorbringt. Keinem Schüler wurde jemals erlaubt, (…) Ereignisse irgendeiner Art (…) mit Worten vorzutragen, damit nicht die mit dem Ereignis in Verbindung stehenden Mächte aufs neue angezogen werden.
Aus ADYAR 1/2021 Seite 5 und 6